Gehaltsverhandlungen 2021/22 - Anmerkungen von Karl Reiter

Im Folgenden zur Veröffentlichung frei gegebene erläuternde Bemerkungen zu den Gehaltsverhandlungen von Dr. Karl Reiter, Vorsitzender des Betriebsrats für das wissenschaftliche Personal (BR1) der Universität Wien. Karl Reiter war als Arbeitnehmer*innenvertreter bei den Verhandlungen dabei. Neuer Hauptverhandler seitens der GÖD war erstmals Mag. Zöhling (diese leistete auch gemeinsam mit dem Dachverbandsvertreter, Vizerektor Lang von der WU Wien, die Unterschrift). Separat verlinkt findet sich der konkrete Abschluss (wird im KV veröffentlicht). Der Text von Karl Reiter:
 
„Gehaltsanpassung 2022
 Ende 2021 gab es wieder die jährlichen KV-Verhandlungen zwischen dem Dachverband der Universitäten und der GÖD zur Anpassung der Gehälter der ca. 50.000 Angestellten der Universitäten. Wie für alle Gehaltsverhandlungen in Österreich gilt auch bei den Verhandlungen Dachverband-GÖD als Ausgang die Inflationsrate, die sich aus der Inflation des vierten Quartals 2020 und den ersten drei Quartalen des Jahres 2021 ergibt. Gemittelt über die genannten vier Quartale liegt diese bei 2,1% und damit auf Grund der nun merkbaren wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie weit unter der aktuellen und vermutlich auch unter der kommenden Inflationsrate der nächsten Monate. Im Gegensatz zu Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und WKO/IV (z.B. Metaller, Handel etc.) besteht beim Dachverband/UNIKO (Universitäten-Konferenz) das Einstimmigkeitsprinzip, d.h. wenn auch nur eine der Universitäten gegen den ausverhandelten Abschluss stimmt, dann gibt es keinen Abschluss. Und im Gegensatz zur Universität Wien sind einige österreichische Universitäten am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten, was leider auch durch die veröffentlichen Jahresabschlüsse 2021 beweisbar ist. Dem gegenüber stehen die finanziellen Aufwendungen vieler Kolleg:innen zur Bewältigung der Einschränkungen in Forschung und Lehre durch die Pandemie, und vor allem auch die Tatsache, dass das Auslaufen von Verträgen nur in seltenen Fällen pandemiebedingt gehemmt wurde (so wurden die Arbeitsverhältnisse von fast 2.000 Kolleg:innen – ohne das halbjährliche Ende der Lektor:innen-Verträge gerechnet –  in Zeiten der Pandemie durch Fristablauf beendet). Ziel der Gewerkschaft ist jedes Jahr ein Abschluss gleich oder besser als der des öffentlichen Dienstes – ein hohes Ziel, da ja bei den Verhandlung des öffentlichen Dienstes (Beamt:innen, Vertragsbedienstete) ein Dienstgeber gegenübersitzt, der erfreulicher Weise ein sehr entspanntes Verhältnis zur Staatsverschuldung hat.
Was ist nun das Ergebnis? Aus dem Blickwinkel der Arbeitnehmer:innen-Vertretung ist das Ergebnis als schlecht zu bezeichnen, da  die Inflationsrate des vergangen Jahres nicht für alle Arbeitnehmer:innen abgegolten und der Abschluss des öffentlichen Dienstes unterschritten wird. Die Gehalterhöhung beträgt 2,93% verbunden mit einer Deckelung von 116€ – d.h. sofern 2,93% bezogen auf das aktuelle Gehalt einen Zuwachs von mehr als 116€ überschreitet, dann sind es trotzdem nur 116€. Daraus ergibt sich für alle Kolleg:innen in den Gehaltsstufen B1-Grundstufe (Prädocs ohne Vorerfahrung) bis B1/2 (Postdocs und Seniors) also ein Zuwachs von 2,93%, für alle anderen aber – also Professor:innen (A1) und auch Assozierte Professor:innen (A2) – ist die Erhöhung geringer als 2,93%. So wären es bei A1/3 (vermutlich die aktuell höchste Einstufung eines/einer Professor:in) 1,8%. Das nennt man dann im Sprachgebrauch der Gewerkschaften „soziale Staffelung“. Auf jeden Fall kommt es 2022 zu Reallohnverlusten, sofern die Inflation auf dem extrem hohen Stand bleibt. Das gilt auch für die Kolleg:innen, die noch öffentlich Bedienstete sind. Aber so ehrlich muss man sein, dass in dieser Gruppe der Reallohnverlust durch die Arbeitsplatzsicherheit wohl gemildert ist. Denn eines muss immer wieder betont werden: Nur 30% der Universitätsbediensteten (entfristete Angestellte und öffentliche Bedienstete) haben ein unbefristetes Dienstverhältnis.
Schuld an diesem Dilemma trägt natürlich letztendlich die Politik, welche die Universitäten weiterhin durch viel zu geringe Mittelzuweisungen in einer finanziell angespannten Situation belässt. Als Indiz dafür sollte auch gelten, dass Bedienstete im sogenannten B1-Schema schlechter bezahlt werden, als z.B. Sekundar-Stufen II – Lehrer:innen bezogen auf die Lebensverdienstsumme.

Mag. Dr. Karl Reiter“

10. Feb. 2022
10. Feb. 2022